Kakao anstatt Regenwald?

Was ist mir lieber? Schokolade oder doch lieber ein bisschen Regenwald? Blöde Frage aber zum Glück ist die Welt nicht so einfach gestrickt. Aber sagt mal stimmt das eigentlich, dass Regenwald für Schokolade abgeholzt wird? Wie ist denn das in der Elfenbeinküste? Warum wird da Regenwald abgeholzt? Sind die Kakao Bauern verantwortlich?

Bei der Entwaldung der Tropen braucht man auch nichts schön zu reden. Man kann aber auch nicht sagen, dass die Landwirte die Hauptverantwortlichen sind. Dafür ist die ganze Thematik zu vielfältig. Ich habe ein paar Facetten kennen gelernt und kann vielleicht einen kleinen weiteren Einblick gewähren um mehr zu verstehen wie und warum die Abholzung passiert.

Auf dem Titelbild sehen wir Bäume die durch Abbrennen am unteren Stamm gestorben sind. Rund herum sind schon Jamswurzeln gepflanzt. Das Feld wird im zweiten oder dritten Jahr mit Kakao bepflanzt werden.

Von was für einem Wald reden wir denn?

Erst einmal finde ich wichtig, dass wir uns angucken, was man eigentlich unter Regenwald und Wald versteht. Wald ist nicht gleich Wald ob bei uns oder anderswo. Der in Reihe gepflanzte Pappelhain verdient wohl eher nicht den Namen Wald. Die Fichten Monokultur dann vielleicht schon eher. Waldiger wird’s dann in den richtig wilden Wäldern wie dem Reinhardswald in Hessen/Niedersachsen oder dem Hainich in Thüringen.

Wie unterscheidet sich der Wald in der Elfenbeinküste?

Diese Wald Bandbreite wie bei uns gibt es auch in der Elfenbeinküste. Da ist dann auch noch interessant was der Wald für einen Schutzstatus hat.

Brache Wald
Brache Wald

Das Foto zeigt einen Wald im Hintergrund, der seit circa 10 Jahren existiert. Das ist eine Brache, also eine Fläche die schon zwischenzeitlich landwirtschaftlich genutzt wurde und später auch wieder genutzt werden wird. Der Landwirt meinte nur, dass sich die Europäer immer total freuen, wenn die das sehen. Die denken dann wohl immer, dass sie so richtigen Primär Regenwald sehen. Schon ein bisschen traurig.

Beim Wald in der Elfenbeinküste kann unterscheiden zwischen:

  • Bäume in einer Kakaoplantage oder auf einer anderen landwirtschaftlichen Fläche
  • Relativ junge Bäume auf einer verwilderten Fläche
  • Wälder ohne besonderen Schutzstatus
  • Klassifizierte Wälder (teilweiser Schutz)
  • Primärwälder in Nationalparks (vollständiger Schutz)

Bei so einer Auflistung würde jetzt vielleicht der Eine oder Andere sagen, dass Bäume in einer Plantage ja garnicht richtig als Wald zählen. Erstaunlicherweise ist Wald so ziemlich viel wenn man sich die Definition für Wald der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) anguckt. Da reicht es nämlich schon, wenn 0,5 Hektar mit mindestens 10% Baumkronen bedeckt sind und die Bäume mindestens 5 Meter groß werden können. Und dann darf man das Ganze Wald nennen.

Wenn wir von tropischem Wald und Regenwald reden meinen wir oft nur den wirklichen Primärwald, der meistens einen besonderen Schutzstatus wie „Klassifizierter Wald“ oder „Nationalpark“ hat.

Welcher Regenwald wird in der Elfenbeinküste abgesägt?

Regenwald Abholzung
Regenwald Abholzung

In der Elfenbeinküste wird prinzipiell alles abgesägt, was irgendwie halbwegs groß ist und ein grades Stück Holz ergibt. Das ist anscheinend völlig egal wo der Baum steht solange man da irgendwie hinkommt.

Das Erstaunliche dabei ist, dass so etwas die legale Abholzung für die wirtschaftliche Nutzung ist. Die Holzindustrie wie zum Beispiel die Gesellschaft IST (Tropische Holzindustrie) macht Verträge mit dem Staat für ganze Regionen. In diesen einzelnen Regionen wird dann alles was wie ein nutzbarer Baum aussieht abgesägt. Dem scheint auch meistens nicht sehr viel im Wege zu stehen selbst wenn die Bäume in geschützten Gegenden stehen.

Was ich aber genauso absurd finde ist, dass die Sägefirmen tatsächlich ganz selbstverständlich Bäume auf den Kakaoplantagen absägen. Dazu brauchen sie nicht einmal die Genehmigung der Landwirte. Wenn der Widerstand leistet kommt man einfach in der Nacht wieder.

Sägen Landwirte auch Bäume ab?

Das hatte mich tatsächlich überrascht, dass die Landwirte an sich die Bäume bei sich selten absägen. Dafür gibt es tatsächlich auch empfindliche Strafen, selbst wenn die auf der eigenen Plantage stehen. Erstaunlicherweise zerstören sie die Bäume aber trotzdem oft selbst, ohne das Holz überhaupt zu nutzen. Das wird wohl auch an den Strafen liegen aber ganz sinnvoll kann das ja nicht sein wenn dann die Bäume einfach angezündet werden, anstatt wenigstens das Holz zu nutzen.

Dazu aber mehr im Kapitel Besitzrechte – Wem gehört der schöne Baum auf meiner Plantage?

Warum wird Regenwald abgeholzt? – 4 Gründe in der Elfenbeinküste

Ja was sind denn jetzt die Gründe für das Absägen der schönen Bäume wenn die Schokolade so unschuldig ist?
Wie so oft im Leben kommen ein paar Effekte zusammen die dann am Ende das große ganze Bild erschaffen. Wenn ich im Folgenden von Regenwald rede meine ich damit offiziell von der Regierung geschützte Wälder. Das sind entweder als Nationalpark geschützte Wälder oder Wälder die als ein „klassifizier“ Wald geschützt werden, das ist ein geringerer Schutzstatus als der Nationalpark.

1. Kakao & Gummibaumanbau

Kakao Säcke beladen
Kakao Säcke Lkw beladen

Die Elfenbeinküste ist das Land was weltweit am Meisten Kakao produziert. Ist dann auch klar dass die Wirtschaft extrem vom Kakaoanbau und Export abhängig ist.

Kakaoanbau spielt eine große Rolle bei der Regenwaldabholzung. Aber damit Wald durch Kakaoplantagen ersetzt wird müssen ein paar nicht ganz unwichtige Voraussetzungen vorhanden sein.

1. Keine Staatliche Kontrolle
2. Politische Blockierung von effizienterer Landwirtschaft
3. Mangelnde Rechte der Landwirte

2. Regierungskrise, Machtkämpfe und Putsch

Wenn man von Wald redet muss man sich ja auch immer irgendwie angucken was die letzten Jahrzehnte so passiert ist. Bäume leben ja ein bisschen länger – wenn Mensch sie nicht absägt.

Tatsächlich schwindet der Regenwald in der Elfenbeinküste, wie auch in vielen anderen Teilen der Erde, seit längerer Zeit. In der Elfenbeinküste gibt es jedoch auch eine kleine Besonderheit in der Geschichte, die das völlig unkontrollierte Abholzen erst so richtig ermöglicht hat.

Zwischen den Jahren 2002 und 2011 waren in dem Westafrikanischen Land Unruhen eher der Normalzustand. Präsidentschaftsanwärter und Präsidenten kämpften um die Macht und haben das Land in Machtzonen aufgeteilt.

Die Konflikte wurden dann auch teilweise durch Holzverkäufe finanziert aber die Konfliktparteien hatten wahrscheinlich auch Besseres zu tun als zu gucken ob die Bäume im Wald noch alle stehen. Nach der Krise hat man dann so langsam gemerkt, dass einfach komplette Ortschaften mitten in geschützten Wäldern entstanden sind. Das Interesse war überall groß das Land in Geld umzuwandeln. Das ging schnell mit Abholzung und Kakaoanbau.

Die Verantwortlichen für den Waldschutz haben dann einfach ein paar Gebühren dafür genommen, falls doch mal jemand Kakao im Wald anbauen wollte. Wenn sich keiner gefunden hat haben sie das dann einfach selbst gemacht.

In dieser Zeit ohne Kontrolle sind dann ganze „geschützte“ Wälder einfach von der Landkarte verschwunden.

Von dieser Tendenz wieder wegzukommen ist als Land ziemlich schwer, vor allem wenn die Wirtschaft so stark auf den Kakao aufgebaut ist. Glücklicherweise hat man teilweise in kleinen Gebieten sogar diese Tendenzen rückgängig machen können, wie beim Tai Nationalpark. Aber das sind bisher nur kleine Schritte in die richtige Richtung.

3. Politisch gewollte Ineffizienz im Kakaoanbau

Auch eine Kakaoplantage muss irgendwie mit Nährstoffen versorgt werden. Also Dünger, Kompost, Leguminosen Bäume oder sowas Schönes. Wenn man das nicht tut erntet man irgendwann nur noch so wenig, dass sich der ganze Spaß einfach nicht mehr lohnt.
Wenn die Ernte dann nicht mehr so toll ist ist die gängige Taktik dann einfach irgendwo eine neue Plantage zu machen. Die wirft am Meisten ab wenn man dafür ein bisschen Wald abfackelt.

Dumme Sache wenn dann kein neuer Wald mehr vorhanden ist. Und an diesem Punkt ist die Elfenbeinküste jetzt grade eigentlich.

Warum versucht man eigentlich nicht die Kakao Ernte auf den älteren Plantagen auf einem hohen Niveau zu halten?

Kakao Veredelung
Kakao Veredelung

Das ist die entscheidende Frage! Es gibt dafür tatsächlich genug Möglichkeiten und Techniken. Aber erstaunlicherweise möchte man politisch nicht, dass die Landwirte mehr Kakao ernten. Man hat Angst davor, dass der Weltmarktpreis sinkt wenn man in der Elfenbeinküste zu viel Kakao produziert – das ist jedenfalls die offizielle Version.

Dass man dann ein bisschen Wald wieder wachsen lassen könnte und vielleicht insgesamt weniger Fläche braucht, daran hatte wohl keiner gedacht. Ebenso wenig an andere Länder, die auch massenhaft Kakao produzieren und denen die politischen Entscheidungen in einem anderen Land wahrscheinlich herzlich egal sind.

Das führt dazu das erntesteigernde Techniken wie das Pfropfen im Land verboten sind und es keine Maßnahmen gibt, die für eine gute Nährstoffversorgung von den Kakaobäumen sorgen würden.

Also rennt man schön mit dem Kopf gegen den Zaun vom Gemüsegarten weil man den immer größer machen will aber merkt dabei nicht, dass die Tomaten hinter einem vergammeln – politisch gewollte Ineffizienz eben…

4. Besitzrechte – Wem gehört der schöne Baum auf meiner Plantage?

Wem gehört ein Baum? In der Elfenbeinküste relativ einfach zu beantworten… eigentlich immer dem Staat. Ist ja auch völlig in Ordnung wenn man von Wäldern redet und der Staat irgendwie sinnvoll dafür sorgt, dass das Verhältnis von genutztem und geschütztem Wald nicht aus der Balance gerät.

Blöd wird die Sache dann, wenn der Staat diese Bäume von einer ganzen Region dann einfach pauschal an Firmen verkauft, die ihr Geld damit verdienen diese Bäume abzusägen.

Wald, Gummibäume, Bananen, Maniok
Wald, Gummibäume, Bananen, Maniok

Noch problematischer wird’s dann noch wenn diese Verträge auch für Bäume gelten, die in Kakaoplantagen stehen und zumindest einem Wald entfernt ähneln.

Diese Bäume werden nämlich einfach ohne Erlaubnis der Landwirte abgesägt – und das ganz legal. Dass so ein riesen Baum beim Umfallen auch ein paar Kakaobäume zermatscht ist dann das Problem vom Landwirt.

Das führt dann dazu, dass einige Landwirte gleich selbst die Bäume einfach anzünden. Fällen und das Holz nutzen dürfen sie nicht, die gehören ja schließlich nicht Ihnen. Nach der Logik muss man für das Absägen von Bäumen die einem nicht gehören dann auch eine saftige Strafe zahlen.

Dazu kommt dann noch, dass eigentlich kaum ein Landwirt auf die Idee kommen würde Bäume in seiner Kakaoplantage zu pflanzen, die dann später irgendein anderer absägt. Das wäre ja ein bisschen so als wenn man ein Haus für jemand anderen baut, den man noch nicht einmal sympathisch findet.

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